Südlich von Santiago de Chile verbringen wir zwei Tage auf einem typischen Campingplatz für diese Region. Aus der Hitze der Stadt fliehen wir, wie auch viele andere Chilenen in nahe gelegene grüne „Oasen“ mit Pool und Schatten spendende Eukalyptusbäume. Darunter verteilt stehen Tische und Bänke und natürlich gibt es pro Baum „mindestens“ eine Feuerstelle.
[[Achtung jetzt folgen ein paar Verallgemeinerungen ;)]]
» Die Chilenen (und auch die Argentinier) lieben es, Feuer zu machen. Sobald sie mit ihren voll bepackten Autos ankommen, wird zuerst eine Tischdecke auf den vorhandenen Holztisch getackert, danach die Kühltruhe auf die dazugehörige Bank gestellt und spätestens dann (3 Minuten später) geht jemand los, um Feuerholz zu suchen. Wurde es im Auto mitgebracht, fängt es ca. 5 Minuten nach Ankunft an zu knistern. Auf dem Feuer wird mittags und abends gegrillt und morgens werden die Frühstückseier gebraten. Ohne Feuer, kein Essen, ohne Essen kein Camping-Urlaub. «
Gegrillt wird meist Fleisch (Chorizo-Würste, Steak, Huhn), ganze Zwiebeln und Paprika, dazu Kartoffeln oder Brot. Softdrinks werden in XXL Flaschen ebenfalls auf den Tisch gestellt und natürlich Chips. Im Alltag, so erfahren wir, essen die Chilenen eher Mittags warm und gegen Abend gibt es so eine Art „Abendbrot“: Weißbrot mit Avocado oder Käse – dazu schwarzen Tee. In der Tat haben wir schon oft erlebt, dass Restaurants in Chile gegen 17:00 oder 18:00 schließen. So spät wird normalerweise nicht mehr gekocht. Wer später noch ausgeht und Hunger hat, isst zum Bier meist Fastfood.
Es ist augenscheinlich – es gibt sehr viele übergewichtigen Menschen in Chile. So hat die Regierung als eine der ersten weltweit begonnen, Gesetze gegen ungesunde Lebensmittel zu erlassen. Bereits in 2016 wurde in Chile auf Kinder zugeschnittene Lebensmittelwerbung verboten, eine Lebensmittelampel eingeführt und zuckerhaltige Softdinks höher besteuert. Positive Effekte sind lt. der WHO in den vorwiegend betroffenen Niedrig- und Mitteleinkommensgruppen festgestellt worden.
Wenn mich heute jemand nach meinem Lieblingsgericht in Chile fragt, antworte ich Cevíce (in Zitronensaft gebeizter frischer Fisch) – DAS Nationalgericht ist wohl aber der „Completo“ (Hotdog mit Avocadocreme und Mayonaise). Dieses Gericht haben wir bisher auch im entlegensten Winkel dieses Landes gefunden und in Valparaiso entdecke ich ein passendes Gemälde, das ich fotografieren muss 🙂
Valparaíso
Valparíso ist mindestens so bunt und kontrastreich, wie das Bild des Hot-Dogs. Die Stadt entstand Mitte des 16. Jahrhunderts entlang der steilen Hügel der Pazifikküste als strategischer Handelshafen. Sie wuchs stetig mit den Menschen, die es aus aller Welt hier her zog und dem Geld, das durch den Handel verdient wurde. Der Reichtum ist allerdings schon lange Geschichte. Mit dem Bau des Panamakanals verlor der Hafen an Bedeutung – der Weg an die Westküste Nordamerikas war nun schneller und sicherer zu erreichen. Was blieb ist ein vielfältiger Mix von Menschen, ein historischer Stadtkern und drum herum unzählige kleine bunte Häuser, die sich über die mehr als 40 Hügel entlang der Küste erstrecken. Diese sind zu weil so steil, dass neben einem dichten Netz von Treppen einige Standseilbahnen – sogenannte Ascensores gebaut wurden. 10 der ursprünglich 30 Anlagen sind noch in Betrieb. Der Fahrpreis ist seit langem festgelegt auf eine 100 CLP Münze (umgerechnet ca. 0,10 EUR). Generell sind die Preise in Valparaíso sehr günstig, denn die Menschen in VALPO, wie sie ihre Stadt nennen, haben nicht viel. Auch die Häuser sind sehr einfach gebaut. Im alten Teil der Stadt wurden die Lehmbauten mit Wellblech verkleidet und mit Farbresten entsprechend bunt gestrichen. Auch heute wird die Fassade in vielen Farben gestaltet und so das einmalige Stadtbild geprägt.
Hochhäuser sieht man jedoch wenig. Die Menschen in VALPO mögen den Blick aufs Meer und versperren ihn sich nicht gegenseitig. Deshalb musste auch der Containerhafen aus der Stadt hinaus, weiter ins Inland verlagert werden – in einen sogenannten „Puerto Seco (Trockenhafen)“. Das hat sich definitiv positiv auf das Stadtbild ausgewirkt, jedoch nicht auf den wirtschaftlichen Erfolg des Hafens. Das erzählt uns zumindest unser Tour-Guide. Er hat noch viele andere Interessante Informationen parat, während er uns mit einer kleinen Gruppe durch den historische Stadtkern leitet, der 2003 mit seiner Architektur aus dem 19. und 20. Jahrhundert von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
Valparaíso gilt zudem als kulturelle Hauptstadt Chiles und Street Art spielt hier eine nicht zu übersehende Rolle für die Menschen. Während der Diktatur war diese strikt verboten, lebte aber danach umso stärker wieder auf. Gerade in den Gegenden in denen nicht viel Geld zu Hause ist, sieht man besonders viel Straßenkunst. Leere Hauswände sind hier Leinwände.
Wir genießen den Tag in der Stadt. Vor der Stadtführung, besuchen wir den Markt und eine kleine Kaffeerösterei, die so in der Art wohl auch irgendwo in Berlin Friedrichshain zu finden ist. Seit langem bekommen wir hier endlich mal wieder einen wirklich guten Espresso 🙂 Zum Mittagessen sitzen wir auf einem wunderschönen, grün bewachsenen Balkon des El Peral Restaurants. Das Essen ist fantastisch und die Atmosphäre sehr entspannt. Nach der Stadtführung folgen wir einer Empfehlung unseres Guides und genießen einen tollen Blick über die Stadt vom Hotel & Restaurant fauna.
Glücklich, steigen wir den Hügel hinab und warten an einer Straßenkreuzung auf den Linienbus #520. Wir haben uns und den Fox weiter südlich im kleinen Ort Laguna Verde auf einem Campingplatz untergebracht. In der Stadt werden Autos leider immer wieder aufgebrochen. Während wir morgens noch entspannt einen Sitzplatz neben älteren Damen hatte, ist der Bus #520 am Abend rappelvoll – wir steigen hinten ein. Nach etwas Rangieren von Menschen, Taschen und Koffern, finden alle eine Position in der es sich aushalten lässt und wir genießen die Aussicht aufs Meer und den Sonnenuntergang. Perfekt 🙂
An der Küste …
… geht es für uns in den nächsten Tagen weiter in Richtung Norden. Wir sind auf der Suche nach Orten, an denen wir entspannt ein paar Tage am Meer stehen und Surfen können. Leider gestaltet sich das gar nicht so einfach. Es gibt zweifellos schöne Orte an der Pazifikküste! Allerdings ist Hauptsaison und jeder Quadratmeter Strand bereits von bunten Schirmen gepflastert, Parkplätze für Reisemobile gesperrt und potentielle Stellplätze für die Nacht erscheinen oft nicht sicher.
An mehreren Orten werden wir vor Diebstahl gewarnt – zerbrochenes Fensterglas auf dem Boden ist da ein gutes Indiz. Wir weichen also auf die wenigen, mehr oder weniger schönen Campingplätze aus, die noch Platz haben. Dort treffen wir sehr häufig wieder auf das vertraute Szenario: Holzfeuer, Parillas, bunte Zelte und … ach ja, nicht zu vergessen: Reggaeton Musik!!!
Eine Art von Musik, die uns in den letzten Monaten in Südamerika treu begleitet. Reggaeton ertönt überall – an der Tankstelle aus den klapprigen Lautsprechern der Flachbildschirme oder aus den tiefen Bässen einer Stereoanlage eines Autos, das um 2 Uhr morgens am Strand neben uns parkt. Es wird so etwas wie der „Grund-Beat“ unserer bisherigen Reise durch Uruguay, Argentinien und Chile 🙂 >> Wen es interessiert hier eine Hörprobe auf YouTube 😉
P.S. … ein paar schöne und zum Surfen geeignete Strände finden wir dann doch noch: Playa Ritoque und Playa Las Salinas 🙂